Wieso sollte man rechtschaffen leben - und was hat die Liebe damit zu tun?

Wenn aus der absoluten Sicht alle Dinge gleich-gültig sind, wieso sollte man dann rechtschaffen leben? Warum kommen alle Lehren zu dem Ergebnis, dass Liebe die einzige Lösung ist?

 

Um diese Frage beantworten zu können, muss ich etwas ausholen...

 

Wenn wir von Liebe sprechen, so verstehen wir diese als das Gegenstück zum Gegenteil ihrer Selbst. Heiß macht nur Sinn solange es auch Kalt gibt. Oben nur, wenn es Unten gibt. Klein, wenn es Groß gibt.

 

Für uns Menschen existiert alles immer in einem Kontext. Jede Idee wird für uns erst dadurch fassbar, wenn wir ihr Gegenteil denken können.

 

Liebe ist es für uns nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Wenn andere Voraussetzungen der Fall sind, nennen wir es nicht Liebe.

 

Liebe ist für uns ein sozialer Akt der Zuneigung, Anerkennung, Verbindung. Das Gegenteil davon wäre ein sozialer Akt der Verletzung, Zerstörung oder Trennung.

 

Der Mensch ist ein soziales Wesen - er kann nur leben und überleben, solange andere Menschen aktiv mit Zuneigung auf ihn eingehen. Ein Säugling, dessen Eltern keinerlei emotionale Zuneigung zeigen, würde am Ende nur körperlich ein Mensch sein - an Seele und Verstand jedoch wäre er eine verkrüppelte Hülle.

 

Für Atome oder Steine, macht das Wort Liebe keine Sinn. Wenn der Wind einen Turm zum Einsturz bringt, so nennen wir das nicht Hass. Wenn Regen auf durstige Ackersaat fällt, nennen wir das nicht Liebe.

 

Liebe ist ein menschliches Konzept welches wir im allgemeinen Moral, Sitte oder Ethik nennen. Es geht dabei um Verhaltensregeln welche den sozialen Zusammenhalt stärken um das Überleben der Gruppe zu gewährleisten.

 

Von Liebe im Speziellen reden wir vor allem, wenn eine ganz persönliche, stark emotionale Komponente im Spiel ist. Also die Liebe zum Geliebten, zum eigenen Kind, den Eltern, dem Führer. Oder zu seinem Gott. Und natürlich erhofft man sich, dass der Geliebte einen auch zurück liebt.

 

Wenn aus der absoluten Sicht alle Dinge gleich-gültig sind, wieso sollte man dann rechtschaffen leben?

 

Das Spiel geht so oder so weiter. Steine gehorchen nach wie vor der Schwerkraft und Buddha hörte nach seinem Erwachen auch nicht auf zu atmen. So gelten auch die anderen dem Menschen evolutionär vorgegebenen Bedingungen weiter.

 

Der Mensch muss und musste schon immer “gut” sein, um als Menschheit überleben zu können. Daran ändern auch alle Kriege und all unsere Fähigkeit zur Grausamkeit nichts. Als Gesellschaft konnten wir nur überleben, wenn wir als Individuen schon immer bereit waren, die Beziehung, die Familie, den Stamm - über uns selbst stellen.

 

Kant kondensierte das in seinem grundlegenden Prinzip der Ethik, dem “Kategorischen Imperativ” so: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.

 

Wir wollen also nicht rechtschaffen leben, weil wir "gut" sind oder sein wollen - wir müssen rechtschaffen leben wollen, weil dieses Verhalten für unsere Art unabdingbar ist und damit zu uns gehört wie die biologische Notwendigkeit des Atmens.

 

Warum kommen alle Lehren zu dem Ergebnis, dass Liebe die einzige Lösung ist?

 

Weil Liebe stärkt und wachsen lässt. Wo das Gegenteil von Liebe aufschlägt, bleibt nur verdorrte Erde. Wie weit soll man mit Hass und Trennung schon kommen?

 

Jedoch muss erwähnt werden, dass die absolute LIEBE - diese LIEBE Gottes von der die Mystiker sprechen, keine menschliche Liebe ist. Die absolute LIEBE ist so weit und tolerant, so allumfassend frei, dass sie Ja sagt, zu allem was ist. Auch zu Hass, Leiden, Tod, Gräuel und Verwüstung.

 

Wie könnte die höchste LIEBE absolut sein, wenn sie Einschränkungen machen würde?! Aber diese LIEBE ist für den Menschen nicht einfach zu ertragen.

 

Erst wenn der Mensch erkennt, dass sein Mensch-Sein nur die relative Liebe ist - relativ zu seinem ewigen Wesen, welches eben diese absolute LIEBE ist - huscht ein Lächeln des Verstehens über sein Gesicht...