Vipassana, Buddha und was Reinkarnation damit zu tun hat...

Heute haben wir zwar eine relativ spezifische Frage rund um Vipassana, dieser Aufwach-Technik von Buddha. Und wie immer, versuche ich diese Dinge möglichst einfach zu erklären. Hoffentlich ist es mir gelungen.

 

 

In der Zwischenzeit habe ich den 4. 10-Tages Kurs nach S.N. Goenka in der Vipassana-Technik absolviert. Auf mich wirkt die Technik und die Argumentation von Goenka ziemlich überzeugend, 

 

Aber bei Goenka selbst habe ich so meine Fragezeichen. Z.B., dass er seine Lehre als universal und nichtreligiös bezeichnet, gleichzeitig aber oftmals von der Wiedergeburt spricht. 

 

Falls du seine Kurse und seine Techniken kennst, was hältst du davon und kann man damit effektiv Befreiung erlangen oder wenigstens ein Stück weit vorwärts kommen? 

 

Es wird soviel erzählt in der Erleuchtungsszene: Krishnamurti sagt: Wenn jemand von sich behauptet, er sei erleuchtet, dann ist er es nicht (das sagt Goenka nicht). Andere sagen es gibt keine Erleuchtung. Da fällt es mir schwer jemandem zu vertrauen  

 

 

Goenka lehrt eine Form von Vipassana. Und Vipassana ist eine Technik die von dem Gotama Buddha gelehrt wurde. Und für Buddha war Reinkarnation eine logische Konsequenz seiner Beobachtung. 

 

Buddha erkannte, dass nichts in der Welt für sich selbst und aus sich selbst heraus existieren kann. Alles was ist, ist, weil etwas anderes ist. Es gibt keinen Menschen an sich, sondern nur die kurzfristige Erscheinung einer Form - aufrechterhalten in einem Spiel aus Werden und Vergehen.

 

Wenn nach Regen das Wasser durch stetiges Fließen einen Graben gräbt, nennen wir das Ergebnis Bach. Wenn das Wasser dann aufhört, ist der Graben, bzw. das Bachbeet noch immer da und wenn neues Wasser kommt, wird es wieder in diesem Bachbeet fließen und wird erneut nicht Wasser, sondern nach seiner Form Bach genannt.

 

Aber der Bach der Vergangenheit hatte kein eigenes Wesen und auch der Bach der Zukunft wird kein eigenes Wesen haben. Es ist immer nur das Fließen von Wasser. Das Bachbeet wird den Regen der Zukunft erneut in eine Form lenken welche wir dann wieder Bach nennen.

 

Reinkarnation ist dann also nur die Tendenz von Wasser sich aufgrund karmischer Altlasten (graben eines Bachbeets) wieder als Bach in diesem alten Bachbeet zu formen. Und wer von uns könnte dieser Wirklichkeit widersprechen?

 

Existiert also Reinkarnation? Ja sicher. Als Prozess und Ausdruck eines kontinuierlichen Werden und Vergehens in einem absoluten Jetzt. Also anders als wir uns das üblicherweise vorstellen.

 

Die ganze Welt, das ganze Universum ist eine einzige karmische Fließbewegung und produziert damit unablässig neue Formen, welche erneut neue Formen produzieren usw.

 

Vipassana war eine Übung die Buddha lehrte, um diese karmischen Tendenzen (Gewohnheiten) im Menschen aufzulösen - und damit das Karma und damit die Reinkarnation des Menschen aufzulösen – und damit das Wiederholen von Formbildung (als Mensch) im Unvollkommenen (vergängliche Welt) überwinden zu können (Erlösung von diesem blinden Kreislauf).

 

Der Buddha sah, dass wir blind unsere Gewohnheiten leben. Wenn es uns juckt, so kratzen wir. Und natürlich denken wir uns nichts dabei. Aber für Buddha war das Kratzen eine Gewohnheitshandlung so wie das Fliessen des Wassers in dem Graben. Jedes blinde Kratzen hält den Graben am Leben.

 

Und Buddha suchte einen Weg um den Graben der uns als Mensch in dieser Form hält aufzulösen. Wenn wir das Wasser nur lange genug von dem Graben fernhalten, wird er sich mit der Zeit wieder mit Staub und Erde füllen und die alten Gewohnheiten/Tendenzen lösen sich auf. Der Bach kann sich nicht mehr bilden. Es gibt nur noch Wasser das vom Himmel fällt und versickert.

 

Wenn es uns also juckt, wir uns aber nicht kratzen, dann üben wir dadurch, nicht blind zu reagieren. Wenn wir nicht reagieren, erschaffen wir keine neuen und erhalten keine alten Strukturen. Der Vipassana-Schüler lernt nicht auf angenehme oder unangenehme Empfindungen zu reagieren und schwächt damit die alten Gewohnheiten des blinden Reagierens.

 

Weil Buddha Wissenschaftler war und kein Theologe, wollte er auch nicht Gott finden, sondern einfach das Leiden beenden. Leiden war für ihn der ewige Kreislauf der Form Mensch, sich von Moment zu Moment (und nicht unbedingt von Leben zu Leben) in seinem Bachbeet zu formen.

 

Und weil diese Technik für alle Menschen funktioniert, wenn man sie praktiziert, ist sie universal. Und weil dem Buddha die Existenz oder Nicht-Existenz von Göttern völlig wurscht war, ist sie auch nicht religiös (dass die gläubigen Buddhisten daraus eine Religion gemacht haben ist deren Problem).

 

Wiederholen wir die Technik noch mal mit Bezug auf das Selbst. Wenn wir davon hören, dass wir gar nicht wirklich dieses scheinbar unabhängig existente Selbst als Ich oder Mensch sind, dann ist der erste Schritt, dieses erlebte Selbst zu erforschen und zu beobachten.

 

Das bedeutet, dass wir nicht mehr unmittelbar reagieren (absolute Identifikation) sondern eine Lücke schaffen, zwischen dem Beobachter und dem beobachteten Selbst. Und wenn wir diese Lücke des Nicht-Reagierens ausdehnen, wird immer deutlicher, dass wir unmöglich dieses Selbst sein können, für welches wir uns immer gehalten haben.

 

Und irgendwann ist das so evident, dass die alte Gewohnheit der Identifikation (Bachbeet) aufhört weiter zu existieren. Einfach, weil wir aufgehört haben, die alte Identifikation zu praktizieren (den Gewohnheitsgraben zu graben). Buddhas Vipassana funktioniert also. Mit oder ohne Herrn Goenka.

 

Ach – und zu Krishnamurti. Wie ich in meinem letzten Newsletter erklärt haben, wacht nie der Mensch auf, sondern immer DAS was DU in Realität bist. Weil DU aber jenseits von Zeit und Raum bist und Zeit und Raum nur ein vergänglicher Aspekt von DIR ist, verändert sich sehr wohl was in DIR, indem sich etwas in dem Menschen verändert.

 

Im Bewusstsein des Menschen endet die Identifikation mit der Körper-Geist Erscheinung und damit auch die Ignoranz, die Unwissenheit. DU hörst auf, DIR vorzumachen, dass DU nur dieser raumzeitliche Mensch bist, indem diese Ignoranz in DEINEM Menschen endet.

 

Der Mensch wird also eigentlich nicht erleuchtet, sondern er hört auf das Dunkel der Nicht-Erleuchtung zu produzieren.