Erleuchtung und das Leiden

Diese Zeilen habe ich erhalten:

 

Sie sind mir heute auf Ihrer Homepage begegnet.

Ich habe gegoogelt „Spirituelle Hilfe in ausweglosen Situationen“ und da erschienen sie vornedran.

[…]

Neben all den rechtlichen Möglichkeiten habe ich nach den verschiedenen spirituellen Konzepten Linderung und Hilfe gesucht und nicht gefunden. Nun hat sich auch noch ein zynischer Unglauben diesbezüglich in meinem Herz breitgemacht.

Was ich will? Das Gefühl der Freiheit und der Eigenmacht und die Zuversicht, dass alles gut wird. Ein Leben, ohne diese zersetzenden Gefühle.

Vielleicht sind sie die Antwort darauf?

 

Ein Leben ohne diese zersetzenden Gefühle... Oh ja. Wollen wir das im Grunde nicht alle?! Ist es nicht das, was alle Menschen wollen? Und alle Lebewesen? Frieden. Zufriedenheit. Vollständigkeit. Eine Zukunft.

 

Und hier ist ein Mensch der leidet. Aber leiden wir nicht alle?! Mehr oder weniger. Und ja, dieser Mensch leidet sehr. Und hat auch allen Grund dazu. Aber im Prinzip – im Prinzip geht es uns allen so, dass wir nicht leiden wollen. Oder?!

 

Und im Prinzip. Im Prinzip ist es so, dass Leiden nicht nötig ist. Schmerzen, ja, Schmerzen sind unvermeidbar. Wer geboren wird, muss sterben. Wer lebt, wird krank. Wer jung ist, wird alt. Wir erkälten uns, wir haben Krebs, wir haben Zahnschmerzen, unsere Eltern sterben, unsere Kinder sterben.

 

Schmerz ist unausweichlich. So wie Hunger. Oder Kälte. Aber Leiden – Leiden muss nicht sein. Das war es, was Buddha den Menschen klar machen wollte. Buddha ging es nicht so sehr um Erleuchtung als Selbstzweck oder um Gott. Buddha ging es um das Ende des Leidens.

 

Das interessante ist, dass wir wirklich nicht leiden müssten an unseren Schmerzen. Und das ist aber natürlich nicht so einfach. Das muss man erst verstanden haben und dann üben. Üben und üben bis man es gut kann. Und laut Buddha ist das aber nicht etwas was man hinzufügt, sondern das weglassen einer neurotischen Haltung. Nicht-Leiden ist eigentlich das Normale. Leiden ist aus psychologischer Sicht - pathologisch.

 

Tiere haben Schmerzen. Tiere haben Angst. Tiere haben alle möglichen Gefühle – aber sie Leiden nicht so wie wir. Sie haben kein zeitliches mentales Konzept von einer Zukunft ohne Schmerz. Natürlich wollen sie den Schmerz loswerden und versuchen alles. Aber sie haben kein abstraktes inneres Bild, dass es anders sein könnte, als es ist.

 

Wenn wir also in diesem Augenblick den Schmerz nicht einfach als das anerkennen, was er ist, sondern uns psychisch wehren, innerlich NEIN sagen, dann erschaffen wir aktiv einen weiteren Schmerz. Dieser Extra-Schmerz heißt Leiden.

 

Das Tier kämpft einfach. Windet sich und sucht einen Ausweg. Das dürfen wir auch. Wir dürfen und sollen natürlich aktiv und total eine Lösung suchen. Aber in dieser Sekunde, in diesem Moment, der Realität inneren Widerstand zu bieten ist einfach nur sinnlos. Nur weil wir es nicht wollen, wird es noch lange nicht anders. Aber gerade in dieser Diskrepanz – der Idee, dass der Schmerz nicht sein DARF – entsteht Leiden.

 

Und daher liegt die Lösung für das Leiden im unerhörten, im kontra-intuitiven ANNEHMEN des Schmerzes. Wie gesagt – äußerlich an der Lösung arbeiten – aber innerlich, psychisch, mental JA sagen. Ja zu der Realität dieses Augenblickes. Einfach weil es eben so ist und nicht anderes sein kann. Für diese Sekunde.

 

Der ganze Buddhismus baut auf diesem einen Gedanken auf. Wenn wir diesen Moment ganz so annehmen wie er ist. Wenn wir in diesem Moment – so wie er ist, ganz und gar aufgehen. Sind wir wieder EINS mit der Realität. Dann haben wir endlich die Ursünde überwunden und erkennen uns wieder in Gott. Wo wir eigentlich schon immer waren.

 

Die Übung heißt also. Annehmen. Oder wie Jesus sagen würde. Liebe deinen Feind. Liebe den Schmerz und du bist FREI.

 

Ich wünsche euch allen die höchste Freiheit – Jetzt!