Was hat Karma mit Selbst-Erforschung zu tun?

Kannst Du bitte mal erklären, ob bzw. wie die Lehre vom Karma mit der Selbsterforschung zusammenhängt? 

 

Das Wort Karma bedeutet Wirkung oder Tat und weist auf etwas hin, was wir alle schon längst wissen - dass jede Handlung eine Folge hat. Karma beschreibt also einfach nur das Prinzip der Kausalität bzw. Ursache-Wirkung.

 

Natürlich verlässt die religiöse Interpretation dieses Naturgesetz auch schnell die Grenzen der wissenschaftlichen Nachvollziehbarkeit. Was nicht bedeutet, dass diese Interpretation zwingend falsch sein muss. Die Wissenschaft ist ja auch nur ein Blinder auf dem Weg der Erleuchtung.

 

Ohne jetzt auf die Feinheiten der Karma-Theorie groß eingehen zu wollen, will ich lieber auf den Kern der Frage eingehen: Was hat Karma mit Selbsterforschung zu tun.

 

Im Hinduismus wie im Buddhismus geht es zentral darum, die ewige Kette von Ursache und Wirkung zu unterbrechen. Und in beiden Fällen geht es vordergründig darum, nicht mehr wiedergeboren zu werden.

 

Ob man an Wiedergeburt glaubt oder nicht ist mir hier gar nicht so wichtig. Viel interessanter ist der Hinweis, dass wir selbst die Kette von Ursache und Wirkung aktiv am Leben erhalten - weil wir nicht wissen, was wir wirklich sind.

 

Weil wir fälschlicherweise glauben, (nur) sterbliche Menschen zu sein, kreisen wir innerhalb dieser kleinen, geschlossenen Blase der Ich-Täuschung unaufhörlich um uns Selbst. 

 

Das ist wie mit einem virtuellen Haustier auf unserem Smartphone, was den ganzen Tag von uns gefüttert und versorgt werden muss, damit es nicht “stirbt”. Es lebt nur solange wir auf seine Aktionen (gibt mir Futter) mit Reaktion (Knopf 5x drücken) antworten. 

 

Gemäß dieser Analogie sind wir aber selbst dieses virtuelle Haustier. Wir existieren durchaus - sind dabei aber doch ebenso leer, unwesentlich und substanzlos wie ein Traum oder eben ein virtuelles Wesen.

 

Wir existieren und existieren fort - solange der Glaube existiert, nur dieser Mensch zu sein. Wird diese Täuschung erkannt, gibt es keinen Grund mehr, zu reagieren. Sobald die Feder im Spielzeug “Mensch” nicht mehr aufgezogen wird, läuft es einfach aus - bis es irgendwann zum völligen Stillstand kommt.

 

Sobald der Hindu erkennt, dass er eigentlich Eins ist mit Brahman, verblasst dieser Traum vom Menschsein. Und wenn der Buddhist anatta (kein Selbst) erkennt, hört dieser Prozess der leidvollen Selbstaktivierung einfach auf.

 

Selbsterforschung eliminiert damit also nicht die Kausalität an sich sondern beendet lediglich eine ganz bestimmte Aktion (diesen Mensch als Menschen zu erkennen) wodurch die Reaktion (diesen Menschen als Menschen behandeln) endet.

 

Natürlich ist das in den meisten Fällen ein langsamer Prozess. Ein Aufwachen aus dem Schlummer der Unwissenheit. 

 

Aus der Perspektive der Welt geschieht alles in Raum und Zeit. Folglich geht es dabei um Werden und Vergehen. Um Geburt und Tod. Um den Prozess der Erkenntnis der eigenen Ignoranz und des Aufwachens.

 

Absolut gesehen sind Raum und Zeit aber nur Erscheinung. Das ganze Universum ist ein virtuelles Spielzeug welches nur so tut als würde es sich entfalten. Also auch der Mensch. Dieses Gefühl, dieses Erleben, ein Jemand zu sein der auf dem Weg ist - das ist die Täuschung. 

 

Es ist eben nicht so, dass wir sowas wie ein Ich sind, welches herausfinden muss, was es wirklich ist. Sondern es gab nie ein Ich oder Selbst oder einen Menschen als Entität - sondern es gab immer schon nur substanzlose Erscheinungen die sich unablässig verändern - entstehen und vergehen…

 

Dieses Ich-Gefühl ist eben kein Ich sondern nur ein Gefühl. Du hast nie als ein Jemand existiert. Du hast nie existiert. Du - ist nur eine Erscheinung unter vielen.

 

Und wieso fühlt es sich dann so an, als würde es dich betreffen? Nun - weil es am Ende eben doch etwas gibt, was all dem zugrunde liegt. Sozusagen das letzte Subjekt. Das wahre ICH. Das Unaussprechliche, das Absolute, das Non-Duale So-Sein welches auch all das ist, was Erscheinung ist.

 

Worte machen hier aber keinen Sinn. Im Gegenteil. Meine Worte verführen dich dazu, dir eine Vorstellung zu machen. Aber keine raum-zeitliche Vorstellung kann DAS was das absolute Wesen und das absolute SEIN ist - erfassen. 

 

Und trotzdem kann dir DAS nicht fremd sein. Kann es nicht sein, das du DAS erst erreichen muss. DU BIST DAS. Schon immer. Du bist eine Welle im raum- und zeitlosen Ozean. 

 

Das einzige was dich gerade jetzt von DEM trennt, was du suchst, ist die Erscheinung der Idee, das was fehlt. Dass erlebe Trennung real wäre. 

 

Es sind alles nur Bilder. Du und dein Menschsein sind einfach nur Bilder. Wie ein Traum. Wenn du letztlich aufwachst und die sogenannte Erleuchtung erfährt - bedeutet das nichts weiter, als dass in diesem Traum die Vorstellung ein sterbliches Ich zu sein - aufhört zu existieren.

 

Selbsterforschung beendet folglich einfach eine Kausalitäts-Kette (Karma). Nichts sonst. Keine große Sache.